Ostern bewegt...
…weg vom niederschmetternden Kreuz
…weg vom trostlosen Grab
…weg aus der bedrückenden Enge des Verstecks
Ostern bewegt…
…weg aus dem Kreis der Jünger
…weg aus dem Kreis der hilflosen Helfer
…weg aus dem Kreis der untröstlichen Tröster
…weg aus dem Kreis der einsilbigen Apostel
Ostern bewegt…
…weg, aber wohin?
Ostern bewegt…
…aus der Tiefe in die Höhe
…aus der Enge in die Weite
…aus der Leere in die Fülle
Ostern bewegt…
…aus dem Dunkel zum Licht
…aus der Trauer zur Freude
…aus dem Tod zum Leben
Ostern bewegt…
…aus der Blindheit zum Sehen
…aus der Taubheit zum Hören
…aus der Passion zur Aktion
Ostern bewegt…
…und die Einsamen erfahren Gemeinschaft
…und die Schweigsamen finden ein Wort
…und die Unbeweglichen kommen in Trab
Halleluja! Jesus lebt! Wir sind ihm begegnet!
Im Namen der Regens-Wagner-Stiftungen wünsche ich Ihnen von Herzen ein bewegendes Osterfest! Auf unserem Weg des Lebens stoßen wir immer wieder auf das Kreuz. Wir kommen an den Kreuzen des Lebens nicht vorbei. Die Botschaft von Ostern sagt uns aber: Bleibt nicht stehen! Geht weiter! Brecht auf! Bewegt euch und lasst euch bewegen! Und dann dürfen auch wir erfahren, dass plötzlich jemand bei uns ist und uns begleitet. Und dann dürfen wir verspüren, dass plötzlich jemand da ist und uns den Sinn erschließt. Und dann dürfen wir erleben, wie alles plötzlich anders, neu, gut wird! Ostern bewegt! Lassen wir uns bewegen, weg von allem was Tod bringt, hin zu einem österlichen Leben in Fülle!
Gesegnete Ostern!
Rainer Remmele
In seinen Lebenserinnerungen erzählt der Franziskaner Hermann Schalück von einem Besuch bei den Christen in einem oberägyptischen Dorf. Nach altem orientalischen Brauch musste er auf einem Esel ins Dorf einreiten. Der Esel gilt zwar als unreines Tier, hat aber trotzdem Ansehen. Er steht für Reichtum, für Geduld, aber auch für die Fähigkeit Lasten zu tragen und Bote des Friedens zu sein.
Hermann Schalück fühlte sich unwillkürlich an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert: Jesus kommt nicht mit Macht und Tempo in seine Stadt, sondern langsam und abwartend. In dieser kleinen biblischen Szene entdeckt der Franziskaner eine große Botschaft: „Gerade heute, in den virtuellen Zauberwelten, mitten im Lärm unserer Talkgesellschaft und der unvorstellbaren Schnelligkeit des globalen Datenaustausches ist diese Szene heilsam: Achtsamkeit und Behutsamkeit in der persönlichen Begegnung sind kostbare Güter.“
In der Langsamkeit, wie Jesus sich mit dem Esel der Stadt und ihren Menschen annähert, zeigen sich Gottes Zuwendung, seine Gewaltlosigkeit, seine Sehnsucht, die Menschen zu befreien durch Mitgefühl und Liebe.
In der Karwoche kann ich mich von diesem Jesus einladen lassen, aus meinem Alltag Tempo und Hetze herauszunehmen. Um wacher und liebevoller mit den Menschen um mich herum umzugehen, um wieder die leisen Töne zu hören und Mitgefühl zu zeigen …
Elisabeth Thérèse Winter
Foto: Regens Wagner Burgkunstadt
„Nirgendwo sonst ist der Mensch so ehrlich wie in seiner Sehnsucht.“
Dieser Ausspruch von Ernst Bloch an meinem Wochenkalender erinnert mich an ein eindrückliches Erlebnis. Bei einem Besinnungstag sprechen wir über die Sehnsucht. Eine Frau mittleren Alters, gut situiert und abgesichert, sagt: „Ich kann mit dem Wort gar nicht viel anfangen: ich bin gesund, glücklich verheiratet, habe Freizeit und Hobbys, mir geht es gut. Ich wüsste nicht, wonach ich mich sehnen sollte.“ Daneben sitzt eine junge Frau und formuliert nachdenklich: „Ach, wissen Sie, ich habe eigentlich immer Sehnsucht – Sehnsucht nach einer besseren Welt.“
So unterschiedlich kann es mit dieser Grundkraft des Herzens zugehen. Eine bessere Welt – wir können sie nicht machen, den Frieden herbeireden oder erzwingen. Was nützen die großen Worte? Aber es bleibt bei aller Unvollkommenheit doch die Möglichkeit, sich nach dem Frieden, nach einer gerechteren Welt zu sehnen und dann in kleinen Schritten mitzuhelfen, dass sie zumindest in Anfängen gelingt.
„Gott, Du mein Gott, Dich suche ich“, betet der Psalmist. Gott, mit ganzem Herzen suchen, bedeutet auch Sehnsucht zu haben nach seiner Gegenwart, nach seinem Reich, in dem Friede, Versöhnung, Treue, Zuneigung, Verstehen unter den Menschen Wirklichkeit werden.
Wonach sehne ich mich eigentlich? Und wo und wie suche ich nach dem, was mir mein Herz sagt?
Elisabeth Thérèse Winter
Foto: Bernadette Wecker-Kleiner
Unglaublich, wie schwierig das ist. Der Trainer leitet uns an, in einer eskalierenden Situation laut „Stopp“ zu rufen und dabei schützend die Hand zu heben. Es ist die Abwehrhaltung gegen den, der wütend und außer sich anzugreifen versucht.
Es fällt unserer Übungsgruppe gar nicht leicht, die Stimme zu erheben, aus uns herauszugehen, dieses „Stopp“ überzeugend kraftvoll zu schreien.
Das Wichtigste, so erklärt der Trainer, ist zuerst diese wirkungsvolle Unterbrechung, bevor man den anderen dann mit Namen anspricht und zu klären versucht, welche innere Not dahinter steckt. Das „Stopp“ hilft, die Eskalation zu unterbrechen, aus dem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt auszusteigen.
„Suche den Frieden!“ Manchmal kann die Arbeit für den Frieden gerade darin liegen, Kreisläufe der Gewalt zu unterbrechen: die Gewalt der Hände, die Gewalt der Worte, die Gewalt gegen die Seele. Ein klares, deutliches Nein sagen zu lebensblockierenden Umständen, in denen andere unterdrückt, abgewertet, klein gemacht werden.
Mut zum Widerstand zeigen! Z. B. für jemand einstehen, der sich nicht wehren kann; nicht alles einfach nur schweigend hinnehmen; nicht wegschauen und den bequemeren Weg suchen …
In welchen Situationen will ich in dieser Woche um des Friedens willen einmal laut und deutlich „Stopp“ sagen? Und so für das Leben ein- und aufstehen?
Foto: Bernadette Wecker-Kleiner
Manchmal sind es Momente mitten im Alltag, die mich anrühren und innehalten lassen, die mich auf etwas stoßen, ohne dass ich noch einen Augenblick zuvor damit gerechnet hätte. Und manchmal sind es die Kinder, die den Erwachsenen eine kleine Lehrstunde erteilen, ohne es zu wissen.
Die Theologin Dorothee Sölle hat über so eine Erfahrung ein kleines Gedicht geschrieben. Ihre Tochter übt Klavier, die Tonleiter rauf und runter, zwei Töne vorwärts und einen zurück. Lange versucht sie das. Die Mutter lauscht auf die Übung.
Es ist nicht der Klang, der sie aufmerken lässt, nicht der Fortschritt, nicht die Mechanik, sondern die Geduld, mit der ihre Tochter wieder und wieder probiert. Und sie fühlt sich erinnert an die eigenen „Übungen“ des Lebens, oft probiert trotz manchem Scheitern.
Das langsame unbeirrbare wachsen
aber wie lange üben wir schon
spielen immer wieder
die tonleiter f-r-i-e-d-e-n
Spiel noch einmal kleine tochter
du tröstest mich
Frieden fällt nicht vom Himmel, Friede ist keine Sache des Tempos, Frieden wächst oft nur in kleinen, manchmal unsichtbaren Schritten. Er fängt im Herzen an. Friedensarbeit ist Geduldsarbeit. Wofür brauche ich in dieser Woche einen langen „Friedensatem“?
Elisabeth Thérèse Winter
Foto: Bernadette Wecker-Kleiner
Eine dicke Mauer. Uralte Steine, Moss bewachsen und fast nicht zu überwinden. Nur die Lücke lässt einen Weg durch und, wer eine Wanderung macht, wird sich freuen. Eine Mauer öffnet sich und gibt den Weg frei. Nicht die riesig breite Straße, aber doch groß genug, dass der Weg weitergeht und hinter der Mauer das Leben herüberscheint.
Mauern sind Grenzen. Sie schützen und gleichzeitig schotten sie ab. Das gilt für die äußeren, aber auch für die inneren Mauern. Mauern eines Landes, Mauern einer Nation, Mauern des Herzens. Gegen so eine dicke Wand – auch bildlich gesprochen - ist kaum ein Kraut gewachsen. Zu - einfach zu und abgeschlossen.
Wenn ich mir diesen Mauerdurchbruch so anschaue, dann erkenne ich viel von der Hoffnung nach Frieden. Denn damit es friedvoll bei uns zugeht, brauchen wir die Begegnung, die Berührung, Herzlichkeit und Nähe. Das geht nur, wenn wir unsere Lebensmauern nicht zu sehr zementieren in unseren festen Meinungen, unseren abgeschlossenen Urteilen, unserer Weigerung, nach einer Auseinandersetzung wieder einen Schritt aufeinander zuzugehen …
Welche Mauern spüre ich gerade in meinem Alltag? Wo laufe ich gegen „die Wand“? Und wo könnte ich anfangen, einen kleinen Stein abzutragen, damit ein Weg entsteht, für mich selbst und zueinander …?
Elisabeth Thérèse Winter
Foto: Bernadette Wecker-Kleiner
„Suche Frieden“ – so heißt das Leitwort, das sich der Katholikentag in Münster in diesem Jahr als Motto gegeben hat. Ein Wort aus dem Psalm 34. „Suche Frieden und jage ihm nach.“ Dieser Aufruf soll auch uns durch die Wochen der Fastenzeit begleiten. Es ist ein ewig altes und doch immer wieder junges Thema: wenn der Friede da ist, merken wir ihn gar nicht recht. Und denken auch nicht weiter drüber nach. Wenn er fehlt, dann ist das Leben bedroht. Dann sind wir angespannt, unzufrieden, ängstlich. Das ist so im Kleinen und im Großen. Wir brauchen den Frieden wie die Luft zum Atmen.
„Suche Frieden!“ – Stellen Sie sich vor, so ein Zettel hinge am Schwarzen Brett der Einrichtung, neben dem Hauptbüro, zusammen mit anderen Zetteln: „Suche Mitfahrgelegenheit!“ oder „Suche Mithelfer beim Sommerfest!“ Wer könnte so einen Zettel geschrieben haben? Was wäre Ihre Reaktion? Vielleicht Kopfschütteln? Oder Erstaunen? Würden Sie den Zettel entfernen, weil er nicht passt?
Gewalt und Friedlosigkeit – derzeit gibt es in unserer Gesellschaft kein aktuelleres Thema.
Wenn ich es mich traue, dann hänge ich in dieser Woche so einen Zettel an einen Ort, wo es möglichst viele sehen. „Suche Frieden!“ Mal schauen, was dann passiert. Vielleicht wird jemand nachdenklich, vielleicht beginnt ein Gespräch …
Elisabeth Thérèse Winter
Foto: Bernadette Wecker-Kleiner